Um das Garen bei niedrigen Temperaturen zu beherrschen, muss man ein paar grundlegende Prinzipien verstanden haben:
Haut hat Poren – Fleisch nicht! Was aus Fleisch an Flüssigkeit herausläuft, kommt aus durchschnittenen Zellen bzw. Zellzwischenräumen, Gefäßen und zerplatzten Zellen, aber nicht aus Poren. Der alte Werbespruch „XYZ schließt die Poren, hält den Saft“ ist also einfach nur falsch.
Was erwartet man von einem schönen Braten? Er soll eine Kruste haben, nicht trocken und innen ‚auf dem Punkt‘ also rosa sein.
Was erreicht man mit scharfem Anbraten? Es entstehen Röstaromen geschmacklich bis hin zu „Kohle“, wenn man es übertreibt. Ansonsten bringt das Anbraten an sich nichts. Das möge man nun nicht mißverstehen. Anbraten ist sehr wichtig! Aber eben nur und ausschließlich für den Geschmack. Wir mögen bei Brötchen und Brot ja auch die knusprige Kruste besonders, obwohl selbige nicht noch extra gewürzt ist.
Wie bekommt man das Fleisch ‚auf den Punkt‘? Am simpelsten dadurch, dass man ein Thermometer so hineinsteckt, dass die Spitze des Fühlers in der Mitte der dicksten Stelle ist. Nun wird der Braten so lange erhitzt, bis eine bestimmte Temperatur erreicht und das Fleisch damit ‚fertig‘ ist.
Am Ende dieser Seite ist eine Tabelle für verschiedene Fleischsorten. So einfach ist das? Ja, so einfach ist das.
Wäre noch der Punkt, warum ein Braten oft trocken wird und beim Schneiden Geräusche wie quietschendes Leder macht. Wie kommt das? Man stelle sich ein riesiges Bündel Luftballons vor – die Zellen. Führt man von außen große Hitze zu, werden die äußeren Luftballons platzen und die Oberfläche verkleben (scharfes Anbraten). Bis hierher ist alles ok!
Wenn man aber nach dem Anbraten nicht aufhört, sondern weiter brät, platzen nach und nach auch die inneren „Luftballons“ und ihr flüssiger Inhalt läuft aus, was zur Folge hat, dass das Fleisch trocken wird.
Die Lösung dieses Problems ist trivial. Man bleibt mit der zugeführten Temperatur unterhalb der Grenze, wo die Zellen platzen.
Was bedeutet das nun?
1. Der Rinderbraten ist ‚auf den Punkt gebraten‘, wenn er an seiner kältesten Stelle (Tabelle für verschiedene Fleischsorten beachten) 55° C erreicht hat.
2. Wasser brodelt bei 100° C. Eine sichere Temperatur, bei der die Zellen wegen brodelnden Inhalts nicht platzen und auslaufen, ist 80° C – bei Geflügel 90° C.
In den Braten kommt also besagtes Thermometer. Dann wird der Braten in eine Keramikschale auf ein Rost auf mittlerer Schiene in den Backofen bei 80° C geschoben . Wenn das Thermometer die passende Temperatur anzeigt, ist der Braten fertig.
Hierbei gibt es einige variable Werte. Die Backdauer hängt logischerweise davon ab, wie dick – nicht wie schwer – der Braten ist. Sie hängt aber auch davon ab, ob der Herd ehrlich ist und bei eingestellten 80° C auch 80° C liefert. Prinzipiell bräuchte man also wenigstens einmal ein zweites Thermometer, damit man sich am Regler eine Markierung machen kann, wo denn 80° C tatsächlich sind.
Erfahrungsgemäß hat man bem Verschmausen eines auf diese Art hergestellten Bratens den Eindruck, dass er nicht warm genug ist. Deshalb empfehle ich, alles zugehörige Geschirr vorzuwärmen und den Braten erst nach dem Aufenthalt im Backofen anzubraten. Wie schon zu Beginn erwähnt, bringt das Anbraten nichts außer Geschmack. So gesehen spielt es also keine Rolle, ob man zu Beginn oder am Ende anbrät. Wenn man es am Ende macht, bringt es den zusätzlichen Effekt, dass die Kruste nicht weich ist und der Braten wärmer wirkt.
Nein, das Würzen ist nicht vergessen. Dazu gibt es ja beinahe einen Glaubenskrieg. Würzt man vorher, können bestimmte Gewürze verbrennen. Würzt man nachher, entfalten sie eventuell nicht ihre Aromen. Beim Niedergaren kann nichts verbrennen. Also darf man ruhig vorher würzen oder marinieren. Salz wird ganz sicher Feuchtigkeit aus dem Fleisch ziehen. Deshalb erst am Ende salzen.
Was beim Niedergaren gar nicht geht:
- Fleisch mit Knochen
- Fleisch aus der Tiefkühlung (Frost lässt die Zellen platzen)
- fettes Fleisch
- den Ofen zum Nachschauen öffnen. Die Temperatur fällt. Deshalb das Thermometer so platzieren, dass man es von außen ablesen kann.
- Fleisch abdecken
Kerntemperaturen, bei denen das Fleisch ‚rosa‘ ist:
Ente | 65° C |
Hirsch | 60° C |
Huhn | 70° C |
Kalb | 55° C |
Kaninchen | 65° C |
Lamm | 55° C |
Perlhuhn | 70° C |
Reh | 60° C |
Rind | 55° C |
(Wild)Schwein | 60 – 65° C |